Buch

Leseprobe

Spiritualität - ein „luftiges“ Phänomen

Für viele ist Spiritualität eine „terra incognita“. Eine Wüste. Ein Fass ohne Boden. Nicht greifbar. Vergleichbar ist Spiritualität mit dem „Wind, den man zwar spüren, aber nicht ergreifen kann“ (Nye 1999, zit. n. Bucher 2007, 21). „Welche Farbe hat der Wind?“ (Perls 1981, 118) ist jener Koan, den Fritz Perls, einer der Begründer der Gestalttherapie, von seinem Zenmeister erhalten hatte. Und dieser war hoch zufrieden mit Perls’ Lösung, als er nämlich den Meister einfach anhauchte und so wortlos ausdrückte: „Diese Farbe hätte der Wind ...“.

Dem „Wind“ mehr Farbe zu geben, ist das Anliegen dieses Buches: Farben, die erkennbar sind und nach mehr Leben schmecken ... Vielleicht mag es für manche ein Wind werden, für andere bloß ein altes Lüftchen bleiben. „Aber ich weiß, dass unsichtbar nicht verschwunden heißt.“ (Divakaruni, 2001, 85) Ein Gespräch möchte ich führen mit denen, die sich dafür interessieren. Keinen fertigen Monolog halten, auch wenn das bei einem Buch ein ganz eigener „Dialog“ sein wird.

„Nichts Neues unter der Sonne“ – so lautet ein altes romanisches Diktum. Muss man das Rad neu erfinden, wenn es bereits gute Erfahrungen gibt? Neu in diesem Buch kann man das Bemühen sehen, eine alltagsbezogene Spiritualität zu formulieren mit dem Anspruch, Menschen ehrlich zu begegnen und in ihrer Sprache jene Fragen zu formulieren, welche die alten Fragen der spirituellen Suche(r) sind. Das ist ein freundschaftlicher Austausch, eine gegenseitige Bereicherung. Mein Wunsch ist es, dass dabei die „Hymne an den unbekannten Gott“ (Sam Keen) und an das Leben hier auf dieser Welt gelingt und Feuer nicht nur im Bauch, sondern auch im Kopf und in den Füßen entfacht wird. Ist das Leben – überspitzt formuliert – nicht zu kurz, um in jahrelanger mühevoller Arbeit auf dem Sitzkissen auszuharren und auf persönliche Erleuchtung zu warten?

Der erweiterte Horizont

Keine Frage, der Horizont ist erweitert, wenn wir uns umsehen. Vielfältige Ansätze, unterschiedliche Tendenzen und Milieus sind erkennbar, viele Stimmen hörbar.

Einige Schlaglichter, die nun als Einleitung folgen, sollen dies verdeutlichen. Kurz und bündig. Wie im Zeitraffer, in einem von der Regie schnell geschnittenen Film, der von der Leserin und dem Leser einiges abverlangt: Szene – Cut – nächste Einblende – Schnitt – weitere Klappe – Wechsel - Zoom: Film ab!

Es erwartet Sie hier kein einführender Dokumentarfilm über Spiritualität, Gesellschaft, Psychoszene. Eher eine Melange nach Art der Familiensendung „Wetten, dass?“, ein bunt gemischtes Potpourri aus philosophischem Kabinett oder einer Lese-Sendung à la Heidenreich, mit Beiträgen aus diversen Wissensbereichen und unterschiedlichen Kommentatoren ...