Buch

Meinungen zum Buch

Der Psycho-Spiri-Markt boomt. Viele Publikationen entstehen und verbinden Psychotherapie mit Spiritualität, auch im Bereich der humanistischen Psychologie und Gestalttherapie. Braucht es da auch noch dieses Buch? In der Buchreihe des IGW? Ich will nicht verschweigen, dass die beiden verantwortlichen Herausgeber erst etwas zögerten. Nach der Lektüre des Manuskriptes aber fand ich eine klare Antwort: Ja, dieses Buch braucht es, denn dieses Buch hebt sich angenehm ab von anderen.

Der Autor ist als Theologe zweifellos ein Experte im spirituellen Bereich und er ist gestalttherapeutisch ausgebildet. Er zeigt ein Verständnis von Spiritualität, das sich abhebt von anderen Publikationen, welche mit fließenden Grenzen zur Esoterik operieren und oft unkritisch Konzepte der Gestalttherapie mit Konzepten der Transpersonalen Psychologie, Esoterik und spirituellen Ritualen anderer Kulturen vermischen, um daraus einen 'Gestalt-Spiritualitäts-Ansatz' zu konstruieren.

Es geht dem Autor nicht um eine weltverbessernde, missionierende religiöse Spiritualität, die es zu entwickeln gilt und die verankert ist in einem konfessionellen Gottesbild. Vielmehr geht es ihm um eine persönliche, individuelle Spiritualität, welche sich mehr in einer bewussten Lebenshaltung äußert, die offen ist für das Numinose und mit einer transzendenten Wirklichkeit rechnet. (...)

Er sieht als gemeinsame Aufgabe der Psychotherapie und der spirituellen Begleitung das Eröffnen bereichernder Felder für ein gelingendes Leben, die Förderung der ganzen Persönlichkeit. Gekonnt stellt er Konzepte der Spiritualität und der Gestalttherapie dar und bringt sie in fruchtbare und anregende Verbindung. (...)

Der Autor schließt sein Buch mit dem Ausdruck der Hoffnung, dass es ihm ein Stück weit gelinge möge, die Spiritualität in jenen TherapeutInnenkreise hoffähig zu machen, die sonst mit ihr nicht viel zu tun hätten, zu zeigen, dass sie eigentlich etwas ganz Normales und Alltägliches ist und dass die Gestalttherapie mit ihrer Betonung von Achtsamkeit, Verantwortlichkeit, dialogischer Beziehungs-Begegnungsgestaltung und dem ganzheitlichen Menschenbild, das wesentliche Element zur Spiritualität schon in sich hat und nicht 'draußen' (der Esoterik, der Theologie, dem Schamanismus oder wo auch immer) danach suchen muss, um sie erst so zu einer spirituellen Psychotherapie zu erweitern. 'Es ist alles schon da.'

Bei mir ist ihm das gelungen und ich bin zuversichtlich, dass ihm das auch bei manch anderen Leserinnen und Lesern gelingen wird.

Aus dem Vorwort des Herausgebers Peter Schulthess, igw-Lehrtherapeut.

Aus dem Geleitwort:

„Gerne habe ich dieses Buch gelesen, interessant und fundiert, wissenschafltich einwandfrei und doch mit der notwendigen Offenheit für das Nicht-Fassbare.“
Almut Ladisich-Raine, IGW-Lehrtherapeutin, Supervisorin, Starnberg

"Scheinwerfer" der ff 07 vom 18.02.2010: Kunst Leben ...

Besprechung, erschienen im Forum (Mitgliederzeitschrift der DVG) März 2009

Spiritualität wird zunehmend zum Thema. Auch im deutschen Sprachraum. Gemeinhin gilt sie als vager Containerbegriff, in den alle möglichen Anschauungen bzw. Praktiken des Lebenshilfe-Marktes hineingeworfen werden. Der Südtiroler Gestalttherapeut und Theologe Georg Pernter legt nun unter dem Titel „Spiritualität als Lebenskunst“ ein Buch vor, das keine nichtssagende, globale Patchwork- oder schwärmerische „Feel good“-Spiritualität vertritt. Denn – gegenüber einem rückwärtsgewandten, fundamentalistischem Spiritualitätsgefasel: „Nur der Nüchterne ahnt das Heilige“ (Max Frisch).

Pernters Buch gibt einen umfassenden, wohltuend angenehmen, stets auch kritisch-klaren und umfassenden Überblick zum Thema. Detail- und kenntnisreich, niemals vereinnahmend, gut recherchiert, mit zahlreichen, nachvollziehbaren Info-Blöcken und der heilsam notwendigen Luft, den eigenen Standpunkt zu eruieren. Immer auch persönlich gehalten, beschreibt er ein Verständnis von Spiritualität, das modernen Menschen in Westeuropa nahe kommt und einen Dialog im Buberschen Sinne entfachen möchte.?Nach dem einführenden Kapitel „Der erweiterte Horizont“ über gesellschaftliche Strömungen, verschiedene Weltbilder, totgesagte, aber umso vitalere Religionen und Sinnbastler im postmodernen Zeitalter, in einer globalisierten, gehetzten und fragmentierten Welt, folgen im zweiten Kapitel alltagstaugliche Definitionen des mehrdeutigen Begriffes Spiritualität. Sein Verständnis von Spiritualität ist – ganz im Sinne Gary Yontefs –gestalttherapeutisch und relational gedacht: Kontakt und Verbundenheit, aus dem Dialog im Individuum/Umwelt-Feld, sozial verantwortet. Ein Ansatz, der ohne Anleihen aus Esoterik oder besonderen spirituellen Schulen auskommt. ?Letztlich sind es für Pernter die Fragen nach Verantwortung, nach Sinn, nach unserer Identität, die Erfahrungen von Staunen, Betroffenheit, Verzweiflung oder Leiden, der Kontakt mit der Lebenswelt, die den Begriff umkreisen und lebendig werden lassen. Themen also, die in Therapie und Beratung aufkommen und ihren Platz haben, wenn wir Menschen begleiten wollen. ?Im dritten Kapitel des Buches wird das Thema auf Psychotherapie hin reflektiert. Unprätentiös und einfühlsam argumentiert er für eine beseelte Psychotherapie, und zeigt auf, was er ganz praktisch darunter versteht und welche relevanten Wirkeffekte von Spiritualität erforscht sind. Die darauf folgenden Kapitel fokussieren Gestalttherapie als Therapie der Lebenskunst. Anhand gestalttherapeutischer Maximen bzw. Prinzipien schlüsselt der Autor schließlich im letzten Kapitel das Thema auf und zeigt Aspekte einer gelingenden, v. a. biophilen Spiritualität auf, ganz im Sinne Erich Fromms. Dabei zeigt Pernter ausgesprochen wohltuend auf, dass letztlich die Kunst, gut zu leben, der zentrale Faden ist, auf den es ankommt. ?Seine Sprache ist dicht, manchmal kontrapunktierend, der Text niemals langatmig, sondern lesefreundlich aufbereitet, in vielen kleinen Absätzen, die zum selbständigen Weiterdenken anregen. Als Praktiker und ehemaliger Buchhändler, auch als Kenner jeglicher Ausartungen in den verschiedensten spirituellen und esoterischen Szenen, zäumt er dieses Thema vom Blickpunkt der Gestalttherapie her auf und gibt Anregungen, wie Spiritualität gesehen werden kann, was ihre „Heilkraft“ sein könnte, welches ihre Grenze ist. ?Man findet im Buch kontinuierlich Anknüpfungspunkte für das eigene Erleben – immer als Angebot und Möglichkeit formuliert. Hilfreich sind die übersichtlichen Einschübe und Tabellen, die aufgelisteten Fragen, die man sich stellen kann und die eine gute Orientierung geben im breiten Themenspektrum von Lebenskunst, Therapie, Spiritualität und Gestalttherapie. ?„Spiritualität als Lebenskunst“ ist ein Buch, in dem sich Psychologen, Studierende und Trainer ebenso einlesen können wie interessierte Menschen. Insgesamt ist es ein anregendes Buch sowie eine ermutigende Einladung für Therapeuten und Menschen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Nicht nur in Beratung und Therapie, sondern auch im persönlichen Lebensalltag. Sich einzulassen, auf das, was ist, auf die Höhen wie auch auf die Tiefen menschlicher Wege, auf die lebenspraktischen Weisheiten einer Kunst des Lebens, denen spirituelle Strahlkraft inneliegt (Foucault), im Dialog und Kontakt mit dem Fremden, dem Anderen, dem Vertrauten und Unvertrauten (Buber), im Prozess zu bleiben und den Fokus der Endlichkeit im Blickfeld zu haben. ?Die Botschaft? Kein Einheitsbrei oder absolutistische Gleichmacherei von oben („cuius regio, eius religio), keine fanatische, religiöse Streitschrift oder eine „Geschichte des Größten“ (Manfred Lütz). Sondern: Vive la différence! Und: Es ist alles schon da, wenn wir unserer „passion“ folgen und es uns gelingt, genauer hinzuschauen. Lebe das, was du sagst, glaubst, meinst, was stimmig und richtig ist für dich. Mehr ist nicht zu tun. Allerdings: Weniger auch nicht. ?Ein Buch, das ich mit Interesse und persönlichem Gewinn gelesen habe. «

Ulrike F. M. Mair, Bozen, Gestalt- und Ergotherapeutin